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Anett Altvater, Persorama, das Magazin von HR-Swiss vom März 2010
“Die Karriere in der Teppichetage mag noch so erfolgreich verlaufen – von einem Tag auf den anderen kann sie vorbei sein. Das erfuhr auch Christine Odette Meier, die während zehn Jahren als Kommunikations- und Projektleiterin bei UBS Private Banking internationale Mandate betreute – bis ihre Abteilung aufgelöst wurde und die PR-Beraterin ohne Stelle dastand. «Plötzlich war mein Traumjob passé, ich musste mir neue Perspektiven erarbeiten», sagt sie. Rückblickend erwies sich die damalige Krise jedoch als Glücksfall: Die Erfahrungen in einem Grossunternehmen mit hohen Leistungszielen und regelmässigen Umstrukturierungen kommen der BusinessCoach und ihrer Firma in Basel (www.im-dialog.ch) heute zugute. Banken, Versicherungen, Chemiefirmen, kleine und mittlere Unternehmen sowie Non-Profit-Organisationen buchen bei Meier, um ihre Mitarbeitenden für Führungsaufgaben fit zu machen, die beruflichen Weichen neu zu stellen oder die Burnout-Falle abzuwenden. Aber Meier unterstützt ihre Kunden nicht nur im Gesprächsraum und unter vier Augen, sondern bietet auch pferdegestütztes Coaching an. Dabei zieht die mehrsprachige und systemisch lösungsorientiert ausge-bildete Beraterin ein Pferd als Co-Trainer bei: Der sanfte Hannoveraner-Wallach Lance oder zwei seiner Artgenossen begleiten Coach und Coachee bei Wanderungen durch Wald und Flur. «Pferde begegnen jedem Menschen unvoreingenommen und wohlwollend, geben aber auch ein sehr direktes Feedback», erklärt Christine Odette Meier die Eignung der sensiblen Vierbeiner. Auf die Uhr schaut Meier beim OutdoorCoaching prinzipiell nicht. «Ich schicke niemanden mitten in einem brennenden Thema weg. Meine Kunden sollen den Stall mit Handlungsszenarien verlassen.» Anders als bei der Hippotherapie, die sich an physisch und psychisch behinderte Menschen richtet, reiten die Klientinnen und Klienten beim pferdegestützten Coaching nicht. Stattdessen führt der Coachee das Pferd mit seinen 600 Kilogramm Lebendgewicht am Zügel. Zwischen Klient und Pferd entsteht dabei eine feine Interaktion, aufmerksam beobachtet von Meier, die sagt: «Man muss authentisch
mit Pferden kommunizieren, sonst machen sie nicht mit.» Das prozessorientierte Gespräch, die Bewegung an der frischen Luft bei jedem Wetter, die ungewohnte ländliche Umgebung und die Auseinandersetzung mit dem Tier: All diese Komponenten schaffen eine offene, spielerische Atmosphäre für das Angehen neuer Herausforderungen. «Das Pferd und ich sorgen dafür, dass meine Kunden Abstand gewinnen, ihre Handlungsmuster bewusst wahrnehmen und die Komfortzone verlassen. Persönliche Ressourcen werden sichtbar gemacht und gezielt eingesetzt», sagt Meier. Dazu gehört auch, die Sinne einzubeziehen – Vogelstimmen auszumachen, Hasen zu beobachten oder die Gerüche des Waldes einzuatmen. So wirkt das Arbeiten in der Natur ebenso entspannend wie klärend. Dass sich dieses spezielle Training auszahlt, beweisen ehemalige Burnout-Kunden und Stellensuchende, die unterdessen voll im Berufsleben reintegriert sind. Gleichzeitig, räumt Meier ein, seien Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitenden frühzeitig ein Coaching ermöglichen, noch die Ausnahme. Wie ausgleichend Pferde wirken können, entdeckte Meier schon als Kind: Hatten Freundinnen Probleme in der Familie, verkrochen sie sich im Pferdestall. Und bei Meiers persönlicher Neuorientierung vor vier Jahren half ihr ein eigensinniges Rennpferd, wieder Boden unter den Füssen zu finden. Doch ihre Idee, auch pferdegestütztes Coaching anzubieten und das Deux-Pièces gegen Jeans und Wanderschuhe einzutauschen, stiess bei Freunden und Bekannten auf Skepsis. «Inzwischen kommen meine Kunden aus der ganzen Schweiz und auch Grossunternehmen lassen sich überzeugen», erzählt Meier. Der Schwung, den ihr der eigene erfolgreiche Neuanfang verleiht, ist der 49-Jährigen anzumerken – wenngleich sie sich noch immer an den Lebensstil einer Jungunternehmerin gewöhnen muss. Entspannung findet die erfahrene Reiterin bei Ausritten mit Lance. Reitunterricht könnte sie aber nicht geben, verrät Meier lachend: Dafür sei ihr Reitstil zu unkonventionell. Annett Altvater“